Personal Branding: 5 Fragen an Jessica Thamm
Personal Branding ist ein Kommunikationstool, mit dem wir die Sichtbarkeit für uns und unsere Themen strategisch und nachhaltig steuern können. Um die Vielfalt von Sichtbarkeit zu verdeutlichen und möglichst viele sichtbare Menschen zu Wort kommen zu lassen, haben wir unsere Interviewreihe „Personal Branding: 5 Fragen an…” ins Leben gerufen. Wir sprechen mit ihnen über ihre Erfahrungen, Tipps und Herangehensweisen. Auch Jessica Thamm hat mit uns über ihre Sichtbarkeit gesprochen.
Jessica ist Britin, bezeichnet sich selbst als Berufsnomadin und ist in Bielefeld zu Hause. Ihr Portfolio ist in den letzten zwanzig Jahren gewachsen. Zurzeit unterstützt sie als geschäftsführende Inhaberin von NATIVES ihre Kund:innen bei der Transformation und Vorbereitung auf die Zukunft. Gleichzeitig hilft ihr ihre Kommunikations- und Moderationskompetenz, Dialoge zu moderieren und Gespräche zu leiten, um Klarheit zu schaffen und Transparenz zu fördern. Ihre Energie setzt sie zudem aktiv für Zonta ein – eine Organisation, die sich gegen Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen einsetzt und international aktiv ist.
Was sind deine Schwerpunktthemen, mit denen du draußen gesehen und gehört werden möchtest? Warum hast du dich für diese Themen entschieden?
Ich bin relativ spät auf LinkedIn aktiv geworden. Ich wusste natürlich, dass es die Plattform gibt und habe mich immer gefragt, wie die Menschen es schaffen, dort so viel zu schreiben und zu posten. Ich habe mich eine Weile ein bisschen dagegen gewehrt, dort ebenfalls so aktiv zu sein, aber wollte es dann doch einmal ausprobieren. Besonders angesichts des 20-jährigen Jubiläums meines Unternehmens NATIVES und dem tollen Feedback, das wir bekommen.
Ich habe mir für meine LinkedIn Aktivitäten dann Unterstützung an die Seite geholt. Ich schreibe in der Regel alle Inhalte selbst, aber habe Unterstützung in der Redaktionsplanung und Konzeption. Gemeinsam haben wir uns Formate für mein LinkedIn überlegt, zum Beispiel “Drei Fragen an” oder Zusammenfassungen von Büchern, da ich sehr viel lese. Generell unterscheide ich für mich auf LinkedIn drei Personas: Jessica als Person, NATIVES als Firma und Zonta als meinen Charity-Bereich, in dem ich sehr aktiv bin. Diese drei Personas bespiele ich bei LinkedIn mit meinen Inhalten: Also spreche ich z.B. darüber, was mich persönlich bewegt, was wir bei NATIVES gerade als Firma machen und bei Zonta geht es um die Aufklärung und Sichtbarkeit für das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen.
Generell geht es mir nicht darum, eine riesige Followerschaft zu bekommen, sondern ich konzentriere mich auf Kontinuität und Konsistenz für die Sichtbarkeit meiner Themen. Wer mir folgt, kann bei mir auch Phasen der Unsichtbarkeit beobachten – das mache ich ganz bewusst so. Ich handhabe es schon lange so, dass ich ungefähr einen Monat sehr sichtbar bin, aktiv poste und Veranstaltungen besuche. Als Folge dieser Sichtbarkeit praktiziere ich anschließend bewusste Unsichtbarkeit. Das ist mir sehr wichtig, denn ich finde es langweilig, wenn alle immer und überall sichtbar sind. Es gibt keine Differenzierung, wenn du immer die gleichen Personen überall siehst und sie nie verschwinden. Erst wenn Personen auch mal eine Zeit unsichtbar sind, werden und bleiben sie spannend.
Netzwerken fällt vielen schwer. Welche pragmatischen Tipps hast du?
Ich spreche und schreibe tatsächlich immer von “Net(t)working” – mir ist es beim Netzwerken nämlich sehr wichtig, dass mir der Kontakt oder das Gespräch mit einer Person in diesem Moment etwas gibt. Und ich meine keine Kontakte oder Aufträge. Ich muss das Gefühl haben, dass wirklich ehrliches Interesse am Austausch mit mir als Mensch besteht und es auch um aktives Zuhören geht.
Wenn ich das Gefühl habe, mein Gegenüber möchte nur die eigenen Auftragsbücher voll bekommen und mir etwas verkaufen, dann verliere ich das Interesse. Für mich liegt der Schlüssel zum Erfolg beim Netzwerken darin, dass du weißt, welchen Eindruck du als Mensch bei anderen Personen hinterlassen möchtest. Als Tipp würde ich daher auch noch mitgeben, viele Fragen zu stellen und aktiv zuzuhören, damit du den Menschen, mit dem du sprichst, auch wirklich als Person kennenlernen kannst – ganz egal was ihr beide beruflich macht.
Wie gehst du mit kritischen Kommentaren um?
Auf LinkedIn habe ich tatsächlich noch keine kritischen Kommentare bekommen, das kann aber auch daran liegen, dass ich mich nicht kritisch äußere. Ich habe für mich auf LinkedIn entschieden, dass ich mich politisch enthalte – nicht, weil ich Angst habe, sondern weil ich zum Teil einfach noch nicht ausreichend informiert bin. Ich habe jetzt zum Beispiel zum ersten Mal in Deutschland gewählt für das Europaparlament, weil ich frisch eingebürgert bin. Wo ich aktuell schon eher Haltung zeige, ist für Zonta und das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen.
Ich bekomme natürlich im realen Leben hin und wieder kritisches Feedback und nehme das in der Regel erst einmal an und diskutiere gar nicht groß oder verteidige mich. Wenn es persönlich wird, ist das natürlich nochmal etwas anderes.
Wie kommst du auf die Themen, über die du auf LinkedIn schreibst?
Ich hatte ja schon erwähnt, dass ich Unterstützung für meine LinkedIn Aktivitäten habe. Wir haben einen Mediaplan ausgearbeitet und versuchen redaktionell ein gutes Verhältnis zwischen meinen drei Personas (Jessica, NATIVES und Zonta) hinzubekommen. Sie ist quasi mein Ghostbuster und konzipiert und plant meine Inhalte und postet diese auf meinem Account. Von mir kommen die Ideen und ich schreibe wie gesagt die meisten Inhalte auch selbst – denn am Ende klingen die Posts dann auch am meisten nach mir und darum soll es ja gehen. Wir funktionieren als Team super, denn uns vereint eine gewisse Ästhetik und Leidenschaft, die wir beide gleichermaßen wertschätzen.
Neben LinkedIn habe ich einen Travel-Blog, auf dem ich meine Reisen dokumentiere und begleite. Das macht mir sehr viel Spaß. Natürlich hat nicht jede:r diese Leidenschaft fürs Schreiben, daher ist es wichtig, zu überlegen, welches Format zu einem passt und wo man die meiste Kontinuität gewährleisten kann.
Wie viel Aufwand steckt hinter deiner Sichtbarkeit?
Mir ist bewusst, dass ich ohnehin schon sehr sichtbar bin, gerade in Bielefeld: Ich bin Britin, Unternehmerin, Mutter von zwei Kindern und habe einen erfolgreichen Partner – die Sichtbarkeit, selbst wenn ich sie nicht wollte, wäre ohnehin gegeben. Die Investition in Sichtbarkeit ist für mich daher ein dauerhafter Zustand, weil jede:r, der bzw. die gesehen wird, sichtbar ist – ob er oder sie will oder nicht.
Beim Zeitinvest finde ich es daher wichtig zu überlegen, wie man die eigene Sichtbarkeit aktiv und strategisch steuern kann. Die Kunst ist es, einen Weg zu finden, mit dem du authentisch bleibst und dass du diese Sichtbarkeit in eine Richtung lenkst, in die es für dich gehen soll.
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